Oh, da erwischen Sie mich auf dem richtigen Fuß.
Alles begann mit einer 2:3-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt. Ich glaube 1995 oder so. Jahreszahlen gehören in den Geschichtsunterricht. Wie jeder eine Macke, eine kleine heimliche Leidenschaft hat, so gehe ich ab und zu ins Stadion.
Auf die VIP-Tribüne habe ich es noch nicht geschafft, aber wer will da auch hin. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!
Die Zeiten für die SGD (Anmerkung des Autors: Sportgemeinschaft Dynamo Dresden) sind übel geworden, seit die goldenen Zwanziger herrschen. Der DFB, die Polizei, die Politik, eigentlich alle Menschen kommen nicht damit klar, wie in Dresden Fußball gespielt wird.
Es ist auch ehrlich gesagt schwer erschließbar, aber ein paar Eckdaten: 5 Millionen Arbeitslose, höhere Diäten für Abgeordnete, jährliche Schulschließungen.
Ich überlasse es den Verantwortlichen, die Gewaltexzesse zu beenden.
Ich schaue gern zu. Eingreifen tue ich nicht. Mir ist das zu unanständig, ich weiß manchmal auch gar nicht, worum es geht. Aber in gewisser Weise lockt dieses Image der wilden, unzähmbaren Fanatiker mein Herz jedes Mal ins Rund. Das wird übrigens abgerissen.
Deutschland braucht keinen sauberen Fußball, sondern saubere Menschen. Einschließlich den Führungspersönlichkeiten. Erklären Sie einem Hartz-IV-Typ am Kiosk, der eine Flasche Bier trinkt, warum Politiker und Manager ihr Gehalt selbstbestimmen dürfen, während der Typ an der Theke auf Arbeit wartet und mit der Mehrwertsteuer auf seine Flasche auch noch die Gehaltserhöhung mitfinanziert!
Fußball in Dresden ist kein Einzelfall, es ist die offene Wunde eines Systems. Normalerweise lasse ich mich zu solchen dramatischen Sätzen nicht hinreißen, aber Sie haben es geschafft.
Ich bin sonst auch nüchterner. Ich schweige dann immer.