wir waden
hand in hand
durch das tal
fremder tränen
hinter uns
glüht der himmel
während unsere herzen
füreinander brennen
brennen brücken
nach hause
hören wir schreie
halten wir uns
andere zerren an uns
laufen uns nach
bleiben manche zurück
zum glück
macht die liebe
uns leichter
auf unseren schultern
lasten tonnen voller scherben
gelegentlich zurückblicken
zurückkehren nie mehr
schauen wir nach vorn
voller stiller hoffnung
nie aneinander zerren
zu müssen

14.05.2025

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glaskugel

könntest du mir sagen
dass wir glücklich wären
und blieben
ich seh uns
aufm land
vor unserem haus
mit sieben kindern
über den hügeln
lächelt die sonne
im dorf läuten die glocken
abendbrot

könntest du mir sagen
das alles wäre
keine fantasie
sondern
ein fantastischer plan

könntest du mir sagen
fühle ich diese süße
im bauch
die wärmt
eine flause
oder ein zeichen

könntest du mir sagen
morgen wärst du da
würden wir alles hinter uns lassen
niemand anderen mehr anfassen

könnte ich nur sagen
ich hätte den mut
alles zu riskieren
alles zu verlieren
mit etwas glück
dich zu gewinnen
jemand anderen zu verlieren
so wird mir klar
der fantastische plan
wird zur fantasie
verblasst
vergeht
vergessen

14.05.2025

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tag danach
liege ich wach
dass ich mich frag
worte im gefecht
letzter nacht
was war wahr
was nur feuer
in mir drin
alles leer unendlich
mittendrin
stehe ich
suche vergeblich
einen ausgang
zum anfang
wo unsere welt
noch eitel sonnenschein
schien

tage danach
kehrt jeder
ein bisschen prozellan
langsam
zwischen sätzen
verreckte berührungsversuche
eigentlich
versteckte liebesgesuche

so mändern wir
durch den tag
bis ich dich wiederhab‘

05.05.2025/14.05.2025

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Als in der Nacht die Dunkelheit hereinbrach

leises surren und pfeifen
rüttelte hartknäckig am schlafenden
mit halb geöffnetem auge
noch ganz in wilden träumen gefangen
fiel sein bein aus dem bett
im nächsten moment
schoß ihn sein körper
unverzüglich in die wirklichkeit
einer lichterloh brennenden stadt

t -79 Jahre

auf erstanden aus ruinen
versehrt zwar
jäger und gejagte
übermenschen und ihre feinde
greift das gesetz der straße
mit aller härte durch
vor allem bei jenen
die nichts beiseite schaffen konnten

t -78 Jahre

die bäuche wieder fett
das gewissen wieder rein
so schön kann das lernen
aus geschichte sein

die hitlers und göbbels
der stammtische und familienfeiern
die alles aus überzeugung
mitgetragen haben
werden wortkarg
ihre rehabilitation
landet auf dem gabentisch
der schuldbeladenen demokratie

denn weil menschen verbieten
so fürchterlich sein kann
verbietet man lieber nur
böse namen und symbole
ein fehler

t -51 Jahre

sektkorkenknall verhallt
champagner eingetrocknet
auf karierten tischdecken
boom beginnt zu verblassen
risse breiten sich aus
noch ganz fein
wer will, kann sie sehen
gekittet wird mit knete

t -35 Jahre

geöffnete grenzen
ändern nur die wandfarbe
des gefängnis
wächst zusammen
vergammelt eher
wie sich herausstellt
verramscht
verarscht
hauptsache
freiheit und marktwirtschaft
risse werden gräben
so lassen sich
gute alte tugenden beleben

t -0 Jahre

wäre es nur
ein schlechter film
im abendfernsehen
haben düstere gestalten
geschafft
düstere gedanken
hübsch aufzupolieren
dass das volk
nicht mehr viel nachdenken
muss
demokraten stehen spalier
schauen gebildet zu
wie rechte
bilder abnehmen und aufhängen
noch arbeiten sie
mit skalpell
filettieren das gute
doch gewehre
liegen längst bereit

12.11.2024/14.05.2025

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nichts hält mich, an dem ich mich festhalten kann

kaum, dass meine lippen sich rechtzeitig geschlossen haben
schlägt die nächste welle auf mich ein
kralle ich mich fest, im scharfen, schmerzenden stein
unter der wucht des wassers
beginnt er zu bersten
unter mir sinken
die brocken in die dunkle see
ein letzter atemzug
und dann

als ich wieder zu mir komme
hängend zwischen schilf und ästen
im brackwasser
werfe ich mich auf das ufer
die see greift nach meinen beinen
sie will mich hinabziehen
in den dunklen friedhof der gesichtslosen toten
mit aller kraft greife ich ins stroh
ziehe mich hinauf
während die sonne
mich erhitzt
quälend heiß
gleisendes licht
sehe ich nur noch weiß

16.09.2024

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pelziger pfirsich

saftig runde frucht
in zeitgefurchten händen
eines menschen
der sie aussortiert
beiseite fallen lässt
trotz süßer reife
ihrers felles wegen
das nicht in seine vorstellung passt
auch nicht
als sein tagwerk vorüber

zufall
hebt ihn von der erde
getragen von einer frau
die wissensgierig ist
untersucht sie
diesen außergewöhnlichen pfirsich
zeigt ihn
im müde mahlenden elfenbeinturm
enttäuscht
weil linsen und klingen
keine antworten bringen
landet er
gezeichnet von neugier
auf einem haufen
nahrungsreste
im hinterhof
eines waldes aus beton

noch bevor
maden und fliegen
ihm auf die pelle rücken
greift eine kleine hand
voller schlammgetaufter fingernägel
nach der frucht
hebt sie rettend
vor der fäulnis
in eine kiste
voller alltagsschätze

gegen abend
wenn die schwalben
am lautesten klingen
erlöst ein mädchen
mit messer
den pfirsich
von seiner haut
sein fleisch saftig und erfrischend
genüsslich gekaut
findet er wie kein anderer
seine bestimmung

im garten
umringend von ziegelsteinriesen
mit leuchtenden augen
so groß wie fenster
gräbt sie eine mulde
hinein
legt sie den kern
unter sternenlicht
im erdenreich
verschwindet er

23.07.2024

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bei uns in mickten
zwischen sonne und bäumen
da lebt ein junge
trägt immer drei hüte

stapelt sie auf seinem kopf
darunter seinen blonden schopf
klatscht und springt
brüllt und singt

auf spielplätzen turnt herum
wenn alle gehen
geht auch er
weiß niemand wohin

manchmal schaut er stumm
beobachtet lang
was fangen die anderen menschen an

spielt mit anderen
doch hat keine freunde
kann zusammensein
aber immer allein

wenn er sieht
wie ich ihn sehe
taucht ein weiches lächeln auf
dreht sich weg
und nimmt reiß aus

10.07.2024

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beben

dein leben
aus bruchstein
aus ruinen
mit schöner fassade
die zeit setzt den mörtel an
und auch dein geist!
der all die löcher
und lücken schließen vermag
an denen du dich einst
gestoßen, geschnitten hast
so enstehen paläste
und bruchbuden
deine überzeugungen
werden die maueranker
die alles zusammenhalten
so hausen wir
und schauen auf straßenzüge
voller menschlicher architektur
keiner wagt sich mehr
auf die straße
einander zu begegnen
sicherheit abzulegen
dein leben zu leben

06.02.2024

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abends
wir lagen im bett
für dich
wahrscheinlich routine
fielen mir oft fragen ein
meistens die selben
zum krieg
zum davor
und danach
oft hast du das gleiche geantwortet
das einfache
es war halt so und so
und dann ging man halt dorthin
wir hatten ja nichts
diese gelassenheit
hat mich dann in sicherheit gewogen
obwohl ich jung war
auch ein bisschen dumm
ließ ich deine sätze stehen
vielleicht auch aus respekt
oder sprachlosigkeit
bis der lauf der dinge
dich mitgenommen hat
zurück bleibe ich
mit etwas ärger
über verpasste chancen
denn menschen
wie dich
wird es kaum noch geben
in diesem land
die vor augen führen könnten
was es heißt
zu kämpfen und zu flüchten
zu hungern und zu fürchten
wiederanzufangen und aufzubauen
es könnte uns eines tages
zum verhängnis werden

19.07.2023

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